Rund 1000 demonstrierten für bessere Radinfrastruktur
Nach einer Sternfahrt aus Mannheim und zahlreichen Gemeinden des Rhein-Neckar-Kreises nach Heidelberg fuhren im Anschluss rund 1000 Demonstrierende gemeinsam über die B 535 nach Schwetzingen.
Aber zunächst fand auf dem Gadamerplatz in der Heidelberger Bahnstadt eine symbolische Stabübergabe für das diesjährige Stadtradeln statt. In Heidelberg und Mannheim endete es an diesem Sonntag, während es für den Rhein-Neckar-Kreis der Auftakt war.
Das Rad: Auch im Alltag auf kurzen Strecken das beste Verkehrsmittel
Mannheim war durch Bürgermeister Ralf Eisenhauer vertreten, der unter anderem sagte: "Wir sind sehr dankbar, dass der ADFC und viele andere in den letzten Jahren unsere Politik unterstützt haben, zum beiderseitigen Fortschritt, das Thema Radverkehr ist absolut im Mittelpunkt der Frage der Mobilität, aber auch der Lebensqualität in Städten. Wie schaffen wir in unseren Städten und in der Verbindung der Städte - das steht ja heute im Mittelpunkt - dass noch mehr Menschen für sich entdecken, Fahrrad fahren am Sonntag macht Spaß, ist aber auch im Alltag auf kurzen Distanzen die beste Art, sich von A nach B zu bewegen?"
Vorhandene Wege einfach ertüchtigen?
Heidelbergs OB Eckart Würzner nahm Bezug auf des Motto der Raddemo „Radschnellweg Rhein-Neckar heute“ und sprach sich angesichts sehr langer Planungs- und Bauzeiten für bescheidenere Ansprüche aus: "Sie kennen meine Meinung, dass wir vielleicht nicht überall Radschnellwege nach Standard brauchen, manchmal ist es auch einfacher, dass wir einen vorhandenen Feldweg ertüchtigen, so haben wir es jetzt auch schon ein paarmal gemacht."
"Die Menschen begeistern, Rad zu fahren"
"Die Planungen schreiten voran, die Infrastruktur wächst", so Stefan Dallinger, Landrat des Rhein-Neckar-Kreises. "Die Infrastruktur ist das eine, aber die Menschen zu begeistern, zu bewegen, nicht nur uns alle heute, Fahrrad zu fahren, das ist auch ein großes Thema. Deshalb freue ich mich, dass ich heute von Mannheim und Heidelberg symbolisch den Staffelstab für das Stadtradeln bekommen habe. Alle 54 Kommunen im Rhein-Neckar-Kreis machen mit! Das ist ein herausragendes Symbol, das zeigt, dass Fahrradfahren angekommen ist."
„Lasst uns gemeinsam daran arbeiten, dass sichere, komfortable und direkte Wege geplant und gebaut werden.“
Das Grußwort des ADFC-Landesvorsitzenden Baden-Württemberg, Matthias Zimmermann, überbrachte Brigitte Aigner vom Landesvorstand: Damit noch mehr Menschen dauerhaft vom Auto aufs Rad umsteigen, so Zimmermann, brauche es eine Radinfrastruktur mit sicheren, komfortablen und direkten Radwegen.
Wenn man alle Zeitverluste einberechne, sei das Fahrrad auf Wegen bis zu fünf Kilometern und das Pedelec bei bis zu zehn Kilometern schneller als das Auto. Für diese Alltagswege brauche es eine gute Infrastruktur. Aber nicht nur in der Stadt, sondern auch dem Land. Denn auch dort gebe es im Alltag so viele Wege, die kurz genug fürs Fahrrad sind. „Lasst uns gemeinsam daran arbeiten, dass diese sicheren, komfortablen und direkten Wege geplant und gebaut werden.“
„Auch eine 90%-Lösung akzeptieren, bevor es mit der Verkehrswende zu spät ist!“
Zimmermann sprach sich für Kompromissbereitschaft auf Seiten der Radlobby aus: „Wir sollten uns aber auch daran erinnern, dass es 100%-Lösungen meistens nur mit extrem hohem Aufwand gibt. Wenn eine 90%-Lösung greifbar ist, dann sollten wir auch diese Gelegenheit beim Schopfe packen, so dass sie gebaut wird, bevor es mit der Verkehrswende zu spät ist!“
[Den vollständigen Text des Grußwortes von Matthias Zimmermann finden Sie hier.]
"Stadtradeln allein reicht leider nicht, die Verkehrswende braucht das klare Bekenntnis zum gesundheitsfördernden, umsatzsteigernden und umweltfreundlichen Fahrrad"
"Um die Wende im Mobilitätsverhalten der Menschen hier vor Ort erreichen zu können, muss die Rad-Infrastruktur passen", betonte Britta Niehoff, Sprecherin der ADFC-Ortsgruppe Wiesloch/Walldorf. "Denn eine gute, sichere und v.a. alltagstaugliche Infrastruktur ist das A und O dafür, dass Menschen nicht nur in ihrer Freizeit und im Urlaub auf landschaftlich ansprechenden Routen Rad fahren, sondern das Rad im Alltag, also für die Fahrt ins Büro, zum Kindergarten, zur Schule, zum Einkaufen und für was auch immer nutzen."
Niehoff: "Radwege müssen sicher sein, Radwege müssen möglichst direkt sein und der Radverkehr muss von den Kommunen genauso ernstgenommen werden, wie der KfZ-Verkehr.
Sicher: Wo es geht, Führung des Radverkehrsverkehrlich getrennt vom Autoverkehr, wo es nicht geht, mit deutlichen Hinweisen oder Markierungen, dass Radverkehr auf der Straße gewollt und erlaubt ist. Aber auch Führung des Radverkehrs getrennt vom Fußverkehr, d.h. keine gemeinsamen Rad-/Fußwege, auf denen Konflikte zwischen Radfahrer:innen und Fußgänger:innen programmiert sind.
Direkt:Auch Radfahrer:innen möchten zügig und einigermaßen bequem von A nach B kommen können und nicht auf Umwegen oder z.T. steilen Streckenabschnitten geführt werden, d.h. es benötigt v.a. direkte interkommunale Radwege, aber auch in den Kommunen selbst."
"Stadtradeln allein reicht leider nicht", so Niehoff abschließend, "die Verkehrswende braucht das klare Bekenntnis zum gesundheitsfördernden, umsatzsteigernden und umweltfreundlichen Fahrrad – es braucht kreative Ansätze, manchmal mutige Entscheidungen (und dafür Rückhalt ) und den Willen, Geld für den Radverkehr zu investieren."
[Den vollständigen Text der Ansprache von Britta Niehoff finden Sie hier.]
Von Heidelberg nach Schwetzingen und überall: Das Auto hat`s bequem, die Radelnden holpern auf Umwegen ans Ziel
Am Endpunkt der Demonstration, den Schwetzinger Kleinen Planken angekommen, erläuterte Bernhard Pirch-Rieseberg, Vorsitzender des ADFC Rhein-Neckar, nochmals den Sinn von Radschnellwegen, die nach Auffassung des ADFC nicht Rennstrecken sind, sondern zügiges, sicheres und komfortables Fahren gewährleisten sollen: "Ich bin gefragt worden, warum wir heute auf der B 535 gefahren sind. Wir haben eben gesehen - obwohl der Weg etwas länger ist - wie man sehr bequem von Heidelberg nach Schwetzingen fahren kann und darauf kommt es an."
Radschnellwege: Ein wichtiger Grund weniger, nicht mit dem Rad zu fahren
"Es geht nicht um uns", so Pirch-Rieseberg weiter, "es geht um mehr als die Hälfte der Bevölkerung, die sich vorstellen kann, im Alltag Rad zu fahren, aber es nicht macht aus verschiedenen Gründen. Weil es nicht normal ist, weil es gefährlich ist, weil es keine Radwege gibt. Wenn es aber einen Radschnellweg gibt, gibt es einen großen Grund weniger, nicht Rad zu fahren. Und ich denke, da werden viele Leute umsteigen."